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„Denk dir 100 Menschen“ macht verständlicher, was eigentlich nicht vorstellbar ist: die unterschiedlichen Lebensbedingungen der Menschen auf der Erde. In klaren Bildern wird erklärt, wie viele Menschen Zugang zu Wasser, Bildung, Energie und Nahrung haben, welche Sprachen sie sprechen und wie das Geld unter ihnen verteilt ist. Komplexe Zahlen sind plötzlich ganz einfach zu verstehen und Relationen, die man vielleicht sogar schon kannte, werden erlebbar.

Das Buch bemüht sich, einen wissenschaftlichen und daher möglichst neutralen Ton anzuschlagen und beruft sich ganz auf die Fakten. So werden im Einband auch die Quellen genannt, die die Autorin für ihren Text genutzt hat. Das ist natürlich gut, weil die Leser*innen sich einen ganz eigenen Reim auf die Zahlen machen können – die Illustrationen sind dabei absolut hilfreich – und auch, weil so keine Themen gegen andere ausgespielt werden. Der Mensch wird in dieser Logik nicht zum Problem erklärt, es wird lediglich aufgezeigt, welche Verhaltensweise zu welchen Konsequenzen führen (Stichwort: Lebensmittelverschwendung).

Allerdings kommt bei all dieser verständlichen und folgerichtigen Sachlichkeit etwas kurz, was es für die Erde und all ihre pflanzlichen, menschlichen und tierischen Bewohner bedeutet, wenn unsere Spezies immer so weiter macht wie bisher. Und die Fragen an die Zukunft, die auf der letzten Seite des Buches gestellt werden, bleiben etwas nebulös. Sie reißen die wichtigen Themen an, doch sie scheinen an die Zukunft, nicht an das Heute, an Wissenschaft und Technik, statt an die Leser*innen gestellt zu sein. Der wachsende Energiehunger der Menschen wird z.B. nicht infrage gestellt, sondern nur zum technischen Problem erklärt.

Für die Zielgruppe ist dieses Sach-Bilderbuch dennoch eine tolle Möglichkeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen und eine bildliche Vorstellung für die Verteilung von Privilegien zu erlangen. Das ist viel Wert, denn einfache Antworten gibt es natürlich nicht auf die großen Probleme der Zukunft. Der Anfang ist aber immerhin gemacht, wenn wir ein Bewusstsein für die Materie entwickeln. Das ist es wohl, was „Denk dir 100 Menschen" sich zur Aufgabe gesetzt hat.

- Mia Grau