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Magazin
LENA HACH : Cola, Quatsch, Vanillesoße
Teil 1 unserer zweiteiligen Lena Hach-Interviewreihe! Zwei Bücher der Autorin hatten wir in die Grundschule Campus Hannah Höch mitgebracht und gleich beide wurden als Grundlage für ein Interview ausgewählt.
Das Redaktionsteam „Girls Group“ schnappte sich „Fred und ich“ und für den neueren Roman „Was Wanda will“ entschied sich das Team „Cola“. Dustin, Baran und Julia, die drei von „Cola“, sind schlau, selbstbewusst und unerschrocken Erwachsenen gegenüber. Das könnte man auch über Wanda sagen, ihres Zeichens Anführerin einer Kinder-Ganovenbande und Heldin einer rasanten Heist-Story für Kids. Was eine Heist-Story ist und wie es dazu kam, das Lena Hach eine solche schrieb, das fanden die Colas für euch heraus.
Haben Sie schon mal geklaut?
(Lacht) Naja. Ich hab mal im Supermarkt Eier unten in den Kinderwagen gelegt, weil ich keinen Platz mehr im Einkaufskorb hatte. Und beim Bezahlen hab ich die vergessen. Das ist mir erst später wieder eingefallen. Ich habe überlegt, ob ich nochmal zurück gehen soll, es dann aber gelassen. Also vielleicht ist das Klauen. Ich bin mir nicht ganz sicher.
Wie kamen Sie auf die Idee, das Buch „Was Wanda will“ zu schreiben?
Eine Lektorin bei einem Verlag hat gefragt, ob ich mal einen Kinderkrimi machen will. Normalerweise sind Kinder in solchen Büchern immer die Detektive. Das fand ich ein bisschen langweilig. Ich stellte es mir witziger vor, wenn die Kinder die Gangster sind. Ein Freund von mir liebt Gangsterfilme und hat mir viel über diese Art von Geschichten erzählt. Ich dachte mir, dass diese Erzählweise – mit dem Tempo, der Action und der ganzen Dynamik – meiner Zielgruppe gefallen könnte, also habe ich mir ein klassisches Ensemble für meine Geschichte ausgedacht. In sogenannten Heist-Movies, also Filme über superclevere Raubüberfälle, gibt es immer ein typisches Muster: Jemand hat eine Idee, braucht ein Team, stellt sein Team zusammen, das Team muss trainieren, dann machen sie den Coup und der geht erst mal schief, bevor sie dann erfolgreich sind. Und genau so was wollte ich machen. Die Grundidee ist also nicht neu oder auch nicht von mir.
Ist doch schön, dass die Charaktere im Buch auch alle verschieden waren. Weil im echten Leben sind ja auch nicht alle gleich.
Ja, genau! Wenn ich aber mit Erwachsenen über die Figuren rede, dann sagen einige von ihnen, es sei aufgesetzt, dass die Gruppe so vielfältig ist. Geht man allerdings in Schulklassen und macht dort Lesungen, sieht man, dass die Schüler*innen eigentlich noch viel vielfältiger sind als mein Ensemble.
Was ganz anderes: Mögen Sie Apfelstrudel? Sie haben auf Ihren Instagramaccount ein Bild von einem Apfelstrudel.
Ich mag Apfelstrudel, aber es ist nicht mein Lieblingskuchen. Ich mag vor allem das Wort Apfelstrudel. Manchmal mag ich die Wörter mehr als die Sachen, die sich dahinter verstecken. In dem Moment, als ich das Foto gemacht habe, musste ich auf ein Familienmitglied warten und mir war langweilig. Und was macht man dann? Man zückt sein Handy.
Wenn Apfelstrudel nicht ich Ihr Lieblingsnachtisch ist, was mögen Sie denn dann noch lieber?
Mein absoluter Lieblingsnachtisch aktuell hat auch was mit Apfel zu tun. Apple Crumble. Kennt ihr das? Am besten noch warm aus dem dem Backofen. Unten die Äpfel und oben die Streusel. Das mag ich sehr gerne.
Ja. Das mögen wir auch. Tja, also jetzt kommen wir zur nächsten Frage: Was haben Sie im Tagesspiegel für Texte geschrieben?
Ich habe ein Praktikum beim Tagesspiegel gemacht als Studentin und wurde zugeordnet im Bereich „Lokales“. Da ging es um alles, was sich mit Berlin beschäftigt. Dort gab es aber gar nicht so viel zu tun. Und dann kam ein Kollege von den Sonderthemen und hat uns Praktikanten und Praktikantinnen abgeworben. Bei den Sonderthemen ging es im alles mögliche. Mal um die Gartensaison und was man jetzt am besten auf dem Balkon pflanzt. Mal um angesagte Sportarten. Mal haben wir über neue Restaurants geschrieben. Das war ein Sammelsurium an Themen. Es war kein bestimmter Bereich wie Politik oder Kultur. Sondern eine wilde Mischung und oft ganz schön schräg.
Hat es Spaß gemacht, dort zu arbeiten?
Ich habe als Freie dort gearbeitet. Das heißt, ich saß gar nicht in der Redaktion, sondern ich war zu Hause und habe ab und zu eine Mail bekommen, ob ich was zu einem Thema schreiben will. Mir hat das Spaß gemacht. Vor allem tat es mir gut, das meine Texte veröffentlicht wurden. Ich saß ja auch sonst viel zu Hause und habe geschrieben. Aber ich hatte noch gar keinen Verlag für meine Geschichten. Und da war es schön, dass diese Texte in der Zeitung gedruckt wurden. Das war ein Erfolgserlebnis. Aber ich bin ein bisschen faul im Recherchieren, und wenn man für Zeitungen schreibt, muss man eigentlich sehr gründlich recherchieren. Deswegen schreibe ich lieber fiktiv und denke mir solche Geschichten wie „Was Wanda will“ aus. Das passt besser zu mir, weil ich mir da Quatsch ausdenken kann.
Von dem, was Sie für den Tagesspiegel geschrieben haben, was hat Ihnen da am besten gefallen?
Am besten fand ich eigentlich die Überschriften, die sich der Redakteur ausgedacht hat. Der hat immer so tolle Sprachspiele und Wortwitze aus den Titeln gemacht. An meine eigenen Texte kann ich mich nicht mehr so gut erinnern. Eine Zeit lang habe ich über den Weihnachtsmarkt geschrieben. Das mochte ich ganz gern, weil es sehr stimmungsvolle Texte waren, die mich selbst in Weihnachtsstimmung gebracht haben.
Warum haben Sie aufgehört für den Tagesspiegel zu schreiben?
Weil ich immer mehr literarischer geschrieben habe. Jetzt schreibe ich nur noch ausgedachte Geschichten, manchmal fürs Radio, aber meistens in Form von Büchern.
Wie viele Bücher haben Sie denn schon geschrieben?
Ich glaube ungefähr 20. Ich bin mir nicht so ganz sicher. Manche sind auch nicht mehr lieferbar, aber wahrscheinlich sind es ungefähr 20.
„Wenn es nur Geschichten gibt mit braven Kindern, das wäre irgendwie auch nix.“
Und welches Buch liegt Ihnen besonders am Herzen?
Schreiben ist ja eine etwas einsame Sache. Aber wenn ich mit einem Buch in eine Schule oder eine Bibliothek gehe und dort lese, dann wird es lebendig. Deswegen mag ich ein Buch, wenn ich damit viele Lesungen gemacht habe. „Der verrückte Erfinderschuppen“ ist ein Buch, das ich oft gelesen habe und durch das ich mit Lesern und Leserinnen in Kontakt gekommen bin. Wenn bei Lesungen Kindergruppen lachen und Spaß haben, ist das sehr schön. Ich mag „Was Wanda will“ auch sehr gerne. Mit Wanda hatte ich bisher erst eine Lesung im Literaturhaus in Hamburg. Vielleicht werde ich mit dem Buch aber noch ein bisschen mehr eingeladen und dann wird das Buch noch lebendiger für mich.
Nun arbeiten Sie gerade noch an einem weiteren Buch, oder? Dürfen wir fragen, worum es da geht?
Ja, klar. Ich schreibe gerade an einen Roman, der einen kleinen Fantasy-Anteil hat. Das habe ich bisher noch nie gemacht. Es ist eigentlich gar nicht mein Metier. Gerade weil es Neuland ist, bin ich ganz gespannt, wie es wird. Ich gehe auch zum ersten Mal ganz strukturiert vor. Normalerweise habe ich nur einen ungefähren Plan und schreibe einfach los. Dieses Mal habe ich die Geschichte wie ein Drehbuchautor oder eine Drehbuchautorin genau geplottet, also genau unterteilt und festgelegt, was in den Szenen passiert und wo die Wendepunkte sind. Einfach, um mal zu gucken, ob das Analytische auch was für mich ist. Das werde ich jetzt merken, ob es aufgeht oder nicht.
Und fühlt sich diese Herangehensweise gut an, oder sind Sie sich noch nicht ganz sicher?
Für dieses Buch fühlt es sich gut an. Ein Gerüst gibt es ja auch Halt. Aktuell lässt es weniger Raum für Poesie. Aber mal gucken. Für eine Geschichte, die so klar auf Unterhaltung ausgerichtet ist, passt es vielleicht ganz gut. Mal abwarten. Jetzt habe ich aber auch eine Frage: Wie findet ihr das Cover von Wanda? Findet ihr das gelungen, jetzt, wo ihr die Geschichte kennt? Oder habt ihr eine andere, bessere Idee?
Also, wenn ich ein Cover für so ein Buch machen würde, würde ich nicht nur Tennisbälle draufmachen. Da würde ich vielleicht auf die Charaktere zeigen, damit man eine Vorstellung hat, wie die aussehen. Damit man ein Gefühl für die Geschichte bekommt.
Ja, stimmt. Man hätte die ganze Gang zeigen können.
Und sind Sie zufrieden damit?
Ich mag eigentlich, dass es recht grafisch ist. Manchmal geht es nämlich auch schief, wenn die Figuren gezeichnet werden. Mich nervt zum Beispiel, wenn alle Mädchen lange Haare und Zöpfe haben. Oder wenn alle Kinder super schlank sind. Oft werden die Figuren sehr genormt dargestellt. Und man hat dann auch nicht mehr die Chance, sich die Figuren selbst vorzustellen. Der Verlag hat lange überlegt, ob sie den Tennisball noch mit in die Vitrine nehmen oder ob das schon zu viel verrät. Und diese leere Vitrine finde ich eigentlich ganz lustig.
Ich mag Cover, die bunt sind und nicht so viel verraten. Sonst weiß man schon die ganze Story. Cover sollten möglichst bunt und ansprechend aussehen.
Das ist schon spannend. Es soll neugierig machen, aber nicht zu viel verraten. Es ist eine wichtige Entscheidung und deswegen will der Verlag sie auch immer in den Händen behalten. In dem Punkt trauen sie den Autoren und Autorinnen weniger zu. Da redet die Marketingabteilung mit und die Leute vom Vertrieb, die das Buch verkaufen wollen. Beim Titel ist es das gleiche. Das Buch hieß bei mir erst "Der Klub der Ganoven". Ich mag das Wort Klub gern. „Ganovenklub!“ Das klingt ein bisschen edel und vornehm. Aber der Verlag fand es zu altmodisch. „Was Wanda will“ war dann zwar auch eine Idee von mir, aber mein Lieblingstitel war es nicht.
Also ich finde den Namen gut gelungen. Das Wort „Ganove“ kenne ich gar nicht.
Ein Ganove ist ein Verbrecher, nur ein bisschen smarter. Ich stelle mir dann Leute in Anzügen vor. Ein bisschen gentlemanartig.
Das ist ja ein Buch für Kinder, also ab welchem Alter ist es denn gedacht?
Der Verlag sagt ab zwölf. Das Lesealter schätzen auch die Verlage ein, da darf ich gar nicht mitreden. Jetzt habe ich gerade zwei Bücher veröffentlicht, bei denen sich immer wieder Leute an mich wenden, die sagen, dass das Alter nicht stimmt. Ich bin ja bei dem Buch an vielem nicht unschuldig, aber bei der Alterseinschätzung, da bin ich es! (Lacht) Ich selber komme vom Land und denke mir immer, das ich mit meiner braven Landjugend das Lesealter gar nicht einschätzen kann. Die ganzen Berliner Kinder und Jugendlichen sind eh viel cooler aufgewachsen als ich. Deswegen vertraue ich da den Verlagen. Aber jetzt lagen sie wohl zweimal ein bisschen falsch.
Na ja, das Buch sollten aber auch nicht zu junge Kinder lesen. Weil da kommt ja ein Raub vor und wenn das jetzt ein Kind liest, dann will es das vielleicht nachmachen.
Das stand auch in einer ganz kritischen Rezension, die das Buch bekommen hat. Eine Frau hat in einer Bewertung im Internet geschrieben, das Buch wäre ein schlechtes Vorbild für Kinder. Was für Vorbilder wollen wir unseren Kindern denn geben? Respekt vor Autoritätspersonen? Respekt vor fremdem Eigentum? Bei Pippi Langstrumpf haben auch alle immer gesagt: „So ein ungezogenes Mädchen! Null Respekt vor Autoritätspersonen!“ Ich glaube, wenn es nur Geschichten mit ganz braven Kindern gibt, das wäre irgendwie auch nix.
Ja, das stimmt. Ich finde auch, dass es ein sehr schönes Buch ist. Es ist eigentlich ganz witzig, aber nur weil ich es lese, breche ich ja nicht gleich irgendwo ein.
Ja, man unterschätzt die Kinder und Jugendlichen. Als ob sie, nur weil sie das einmal in dem Buch gelesen haben, gleich denken: Gute Idee, so bessere ich jetzt mal mein Taschengeld auf.