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MARKUS ORTHS : Zack Zack Zosch
Markus Orths hat geheimnisvolle magische Welten erfunden, die ihren eigenen, verzwickten Regeln folgen. Ob wutschnaubende Luftpiraten hoch über den Wolken oder ein herzensguter Gorilla im Dschungel der Zeit: Abenteuergeschichte voller Tiefsinn und Bedeutung, humorvoll zwar, aber auch düster, manchmal richtig gruselig.
Doch auf „Luftpiraten“ und „Badabamba“ folgte etwas völlig Neues: „Crazy Family“! Schnell, witzig und ganz und gar im Hier und Jetzt. 2023 trat die Familie Hackebart mit ihren Kindern Mönkemeyer, Brooklyn, Lulu und Zosch bei Günther Jauch im Fernsehen auf. 2024 bezogen sie ein neues Haus, das sich als Bruchbude mit Überraschungen herausstellte. Und nun, am 15.1.2025, erscheint Band drei. Mit „Die Hackebarts greifen an!“ geht es auf in einen wundervollen Katastrophenurlaub. Nicht mehr lange, dann erscheinen auch schon Band vier und fünf. Dass Markus Orths so schnell schreibt, ist kein Zufall. Witze sind ungeduldig. Sie legen Wert auf Tempo. Also los: Zack Zack Zosch!
Herzlich willkommen. Wir würden gern ein Interview mit dir über das Buch „Crazy Family“ führen. Was hat dich zu diesem Buch inspiriert?
Bei diesem Buch hatte ich zuerst die Idee für den Titel. Denn nicht nur in meiner, sondern in sehr vielen Familien geht es manchmal drunter und drüber. So ein Familienleben ist auch ein bisschen verrückt, gerade in größeren Familie mit drei oder vier Kindern. Ich habe ich mir also überlegt, wer Teil dieser „Crazy Family“ sein könnte. Und so kamen die Figuren dazu, und schon ging die Geschichte los.
Mit welcher Figur hast du angefangen?
Das war Lulu. Vor zehn Jahren habe ich ein Erwachsenenbuch geschrieben, in dem schon mal ein ganz besonderes Mädchen vorkam. Sie hieß Omega und hatte auch besondere Fähigkeiten. Sie konnte Gegenstände telekinetisch bewegen und hatte statt zwei Hirnhälften drei Hirndrittel. Ich habe immer gedacht, dass es schön wäre, in einem Kinderbuch solch eine Figur zu haben: ein sechsjähriges Mädchen, das alles weiß und nichts vergessen kann. Als Zweites kam auch schon Mönkemeier, der Künstler, hinzu. Und so ging es immer weiter. Zosch ist die Figur, die am „autobiografischsten“ ist. Die anderen sind alle erfunden. Aber Zosch mit seiner Brawl Star-Sucht, ist ein Echo meiner Söhne, die das auch gern gespielt haben.
Also ich zum Beispiel mag auch sehr gern Videospiele. Denkst du, Videospiele sind ein Problem für Kinder heutzutage?
Ja, es ist eine Katastrophe, dass Video- und Handyspiele in unserer Gesellschaft kaum thematisiert werden. Es wird einfach nicht darüber gesprochen. Dabei verlieren wir viele Kinder an diese Spiele. Ich merke im Bekannten- und Freundeskreis, wie die Handysucht um sich greift und die Kinder, je mehr sie sich darin verlieren, sich umso schlechter konzentrieren können. Das wird ein großes Problem. Deswegen ist mir wichtig, bei aller Komik im Buch, darauf den Fokus zu legen. Wir Eltern müssen darauf achten, wie viel Zeit wir den Kindern am Handy geben. Mittlerweile haben viele Kinder schon in der Grundschule Handys. Das halte ich für völlig verfehlt. Ich halte es auch für falsch, in der Grundschule mit Tablets zu arbeiten. Skandinavische Länder, die mit der sogenannten Digitalisierung der Schule weit vorn waren, rudern schon wieder zurück. Insofern glaube ich, das Thema müsste viel stärker in die Diskussion. Man kann ja anderer Meinung sein, aber man müsste darüber sprechen.
Uns interessiert Opa Kuno. Wir finden cool, dass er sich so toll für die Umwelt einsetzt und so lustig ist. Meinst du, mehr alte Menschen sollten auf die Straße gehen und protestieren, und sich für die Umwelt einzusetzen?
Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Aber grundsätzlich finde ich es gut, wenn sich Menschen einsetzten, egal ob junge, alte oder mittelalte, und für die Umwelt und gegen die Klimakatastrophe kämpfen. Deswegen war mir diese Figur auch sehr wichtig. Als Schriftsteller kann ich den Blick der Leser*innen dahin lenken, wie wichtig es ist, dranzubleiben und den Gedanken des Umweltschutzes zu verfolgen. Opa Kuno hat sich schon vor 50 Jahren an die Schienen fesseln lassen, um Atommüll-Transporte zu verhindern. Jetzt klebt er sich an den Asphalt, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Mir persönlich kommen die Klimaaktivist*innen viel zu schlecht weg. Natürlich kann man darüber streiten, auf welche Art und Weise man auf Klimaschutz aufmerksam macht. Es ist zum Beispiel überhaupt nicht gut, Kunstwerke zu beschädigen. Aber in der Sache haben Sie natürlich recht: Man muss jetzt was tun, und zwar dringend.
Opa Kuno ist ja ein großer Klimaaktivist und geht auf Demonstrationen. Setzt du dich auch für die Umwelt ein?
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht auf Demonstrationen gehe. Nicht, weil ich das nicht unterstützen würde. Ich habe für mich nicht die Kraft und Zeit gefunden, auf die Straße zu gehen. Ich versuche mich einzusetzen, indem ich über das Thema schreibe und meine Kraft als Schriftsteller in die Waagschale werfe oder darüber rede, wie jetzt in diesem Interview. Aber aktivistisch als Straßenkämpfer bin ich leider nicht.
Wieso wohnt die Familie Hackebart in so einer kleinen Wohnung?
Weil die ganz arm ist und nicht so viel Geld hat. Herr Hackebart ist Hausmann und Frau Hackebart verdient das Geld allein. Als LKW-Fahrerin und Pianistin verdient man leider nicht so viel und vier Kinder sind sehr teuer. Ich finde es wichtig, dass man auch von Menschen erzählt, die nicht so viel verdienen und um ihr Überleben kämpfen müssen. Außerdem ist es dann natürlich auch noch schöner für sie, wenn sie am Ende tatsächlich die Millionen gewinnen.
Glaubst du, dass es vielen Familien heutzutage so geht, dass sie Geldsorgen haben?
Ich glaube sogar, dass es mehr Familien so geht, als man denkt. Viele Familien müssen auf Dinge verzichten, weil der tägliche Lebensunterhalt immer teurer wird. Das merkt man an der Supermarktkasse. Und auch die Leute, die bisher eigentlich immer gut über die Runden gekommen sind, müssen den Gürtel enger schnallen.
In deinem Buch kommt die Familie ganz schön verrückt rüber. Hattest du verrückte Nachbarn?
(Lacht) Verrückte Nachbarn? Nein. Diese verrückten Eigenschaften sind erfunden. Zum Beispiel der Herr Hackebart, der sammelt Klobürsten. Aber das ist natürlich eine Erfindung. Es gibt wahrscheinlich weltweit niemanden, der Klobürsten sammelt. Da bin ich drauf gekommen, als ich mir überlegt habe: Welches wäre denn der Gegenstand, den man am wenigsten sammeln würde? Klobürsten, na klar! Irgendwann kam mir der Gedanke, wie es wohl wäre, wenn es historische Klobürste gäbe? Im dritten Band, der im Januar erscheint, finden die Hackebarts in der Durlacher Kanalisation eine Klobürste von Clodwig dem Ersten, einem Merowinger König. Die heißen ja damals alle so: Clotar und Clotilde und Clodwig … Na ja, und diese Klobürste ist dann so wertvoll, dass sie mit ihr sehr viel Geld verdienen könnten. Und so wird dann eine verrückte Idee plötzlich zu einem Handlungsstrang.
Es gibt also noch einen dritten Band?
Ja und sogar noch einen Vierten, der auch schon geschrieben und illustriert ist. Er erscheint auch noch in diesem Jahr. Und der fünfte Band, den schreibe ich gerade. Es werden mindestens fünf Bände.
Hast du noch mehr Bände geplant als fünf?
Ja. Es gibt vielleicht noch einen sechsten Band. Eine Weihnachtsgeschichte, die sich der Verlag gewünscht hat. Das ist immer eine Frage des Erfolges. Wenn irgendwann nach dem fünften Band das Interesse weniger wird, dann wird auch diese Reihe enden. Ich bin aber auch kein Freund davon eine Reihe endlos fortzusetzen. Irgendwann ist die Geschichte der Familie Hackebart auserzählt. Wie viele Bände es genau werden, weiß ich noch nicht, aber irgendwann wird sicher der Moment kommen, an dem ich gern neue Figuren und neue Konstellationen erfinden möchte. Ich habe auch schon Ideen für andere Bücher. Und für eine andere Reihe.
Warum bist du Autor geworden?
Ganz einfach: weil ich das Lesen schon immer sehr geliebt habe. Autor kann man nur werden, wenn man auch sehr gern liest. Darum geht es ja in der Literatur. Als junger Mensch habe ich viel Karl May gelesen. Und dann habe ich irgendwann gedacht, ich möchte das auch können. Ich möchte auch so einen Roman schreiben, in dem man sich total verlieren kann. Und dann habe ich eben angefangen. Das Lesen war der Urimpuls.
Wann hast du mit dem Schreiben begonnen?
Begonnen hab ich früh. Ich konnte mit sechs Jahren schon schreiben und habe angefangen, kleine Geschichten für mich selbst zu schreiben. Dann hab ich auch irgendwann angefangen zu tippen. Mit zwölf oder dreizehn Jahren habe ich den ersten langen Roman geschrieben. Er war 200 Seiten dick und völlig im Karl May-Stil und –Kosmos verfasst. Ich habe also immer schon geschrieben. Mein Vater war da auch sehr wichtig. Er war Hobbyschriftsteller und hat viele Kurzgeschichten geschrieben. Ich fand es toll, wie er das machte und habe ihm nachgeeifert.
Ist es schwierig, ein Buch zu schreiben?
Mir fällt es sehr leicht. Ich schreibe sehr schnell und sehr viel. Das bedeutet dann aber auch, dass ich viel wieder kürze und überarbeite. Aber mir macht es so viel Spaß und ich komme gern in den Flow, den Fluss des Schreibens. Das ist ein Glücksgefühl, wenn es gelingt. Aus diesem ganzen Material-Wust, der entsteht, dann später ein Buch zu machen, ist letzten Endes schon nicht einfach. Manchmal muss man sich von Sachen trennen, die man geschrieben hat, Dinge neu schreiben, oder Übergänge ändern. Ja, das ist dann harte Arbeit. Aber es macht trotzdem superviel Spaß.
Welche Themen interessieren dich, wenn du Bücher schreibst?
In meinen Erwachsenenbüchern spielt die Frage nach dem Sinn des Lebens eine große Rolle – auch angesichts des Todes. Das ist zum Beispiel auch in meinem Kinderbuch „Opa fliegt“ oder dem dritten Band der „Baddabamba“-Reihe ein Thema. Wie gelingt ein Leben angesichts des Endes, das uns allen bevorsteht? Wir müssen irgendwann alle sterben und diese Erde verlassen. Und trotzdem ist es wichtig, diese Spanne der Zeit, die uns gegeben ist, zu nutzen und mit Sinn zu füllen.
Du schreibst Bücher für Erwachsene und für Kinder. Was schreibst du lieber?
Ich muss ganz ehrlich sagen: beides. Bei den Kinderbüchern kann ich die Sau rauslassen. Also noch mehr Fantasie und Erfindungen und Dinge, die es nicht gibt oder geben kann, in die Literatur bringen. Das macht mir sehr viel Spaß. Aber ich schreibe auch gern Erwachsenenbüchern. Beides hat seine eigenen Gesetze und ich folge beiden gern.
Wie lange braucht es ungefähr, um ein Buch zu schreiben?
Das ist sehr unterschiedlich. An dem Roman „Max“, das war so ein dicker Schinken für Erwachsene, habe ich zweieinhalb, drei Jahre gearbeitet. Es war wirklich viel Arbeit, das zu recherchieren und zu schreiben. Dickere Kinderbücher wie „Baddabamba“ oder „Luftpiraten“ brauchen auch ein paar Monate. Aber „Crazy Family“ geht sehr schnell. Da muss und möchte ich sehr schnell schreiben, dann wird es lustiger. Da komme ich richtig in einen Rausch.
Vielen Dank für das Interview!
Ich find’s toll, dass ihr euch diese ganzen Fragen ausgedacht habt. Vielen Dank an euch!