Auf der Suche nach dem besten Buch der Welt.
Interview

OLIVER SCHERZ : Umentscheiden, Neues probieren, Pfannkuchen essen!

Von Valeri, Sandel, Irem, Bersan, Aylin und Adrian

Der vielgeliebte, neugierige, supersympathische Kinderbuchautor Oliver Scherz liebt Pfannkuchen mit Zucker und Zitrone! (Oder, wie man im Osten sagt: Eierkuchen mit Zucker und Zitrone.)

Hätten wir uns nicht schon durch seine Bücher mit ihm verbunden gefühlt, jetzt wäre der Moment gekommen! Aber wir wollen uns von diesem kleinen Bonbon mal nicht überwältigen lassen. Denn Oliver Scherz hat in seinem Interview mit der Schüler*innen-Redaktion aus Hamburg Horn natürlich noch viel mehr zu erzählen. Er berichtet davon, auf welchen Umwegen er zu seinem Beruf fand, der ihn heute erfüllt und ernährt. Und er rät den Schüler*innen, sich nicht stressen zu lassen, sondern sich Zeit zu nehmen, Erfahrungen zu sammeln und im Zweifel den Mut aufzubringen, neue Wege einzuschlagen.

Q
Mit welchen drei Wörtern würden Sie sich selbst beschreiben? 

A
Neugierig. Das war ich, glaube ich, immer in meinem Leben. Ausgleichend. (Überlegt einen Moment) Kritisch. 

Q
In „Sieben Tage Mo“ geht es um zwei Brüder. Haben Sie selbst Geschwister und wenn ja, wie ist ihr Verhältnis zueinander?

A
Ja, ich habe einen Bruder, der ist vier Jahre älter als ich. Er lebt in Hamburg, ich in Freiburg. Wir wohnen also ziemlich weit weg voneinander, als Brüder sind wir uns aber sehr nah und haben eine schöne Beziehung, das hat mir viel gegeben in meinem Leben. Als wir Kinder waren, haben wir ganz viel zusammen gemacht. Obwohl ich ja vier Jahre jünger war, hat er mich auch zu seinen Freunden mitgenommen. Wir sind bis heute emotional miteinander verbunden und tauschen uns über Lebensfragen aus.

Q
Haben Sie Nebenberufe?

A
Früher hatte ich welche. Ich habe zum Beispiel als "Cutter" gearbeitet. Das sind die Leute, die Filme schneiden. Ich habe nebenberuflich Schauspieler-Videos und Werbespots und solche Sachen geschnitten. Außerdem war ich Schauspieler. Aber diese Arbeit hat mich irgendwann nicht mehr erfüllt und ich habe mit dem Schreiben begonnen. Da war ich schon mit Mitte 30. Zum Glück wollen viele Leute meine Bücher lesen, sodass ich vom Schreiben leben kann. Heute bin ich ausschließlich Autor.

„Es füllt mich sehr aus, für Kinder Bücher zu schreiben. Ich habe das Gefühl, dass es ein wichtiger Beruf ist.“

Q
Was hat Sie dazu gebracht, Bücher zu schreiben? 

A
Ich habe für meine Tochter einen Bilderbuchtext verfasst, als sie ganz klein war, und habe ihn auch an einen Verlag weitergereicht. Dem Verlag hat die Geschichte gefallen und so wurde daraus mein erstes Bilderbuch mit dem Titel „Der fürchterliche Hermann“. Daraufhin habe ich „Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika“ geschrieben, ein längeres Vorlesebuch, das besonders erfolgreich war. Das war mein Einstieg in diesen Beruf. Ich habe das vorher nicht geplant. Als ich in eurem Alter war, habe ich gar nicht viel gelesen und wollte alles Mögliche werden, aber über das Schreiben habe ich nie nachgedacht. Dieser Weg kam eher auf mich zu, als dass ich ihn mir selbst gesucht hätte. Ich bin sehr froh, dass es so gekommen ist. Es füllt mich sehr aus, für Kinder Bücher zu schreiben. Und ich habe das Gefühl, dass es ein wichtiger Beruf ist. 

Q
Wir haben gerade darüber geredet, dass wir nicht wissen, was wir werden wollen, wenn wir groß sind und dass das aber nicht schlimm ist. 

A
Stimmt, das ist nicht schlimm. In unserer Gesellschaft soll ja alles möglichst schnell gehen. Man soll möglichst schnell mit der Schule fertig werden, danach möglichst schnell studieren oder eine Ausbildung machen und dann möglichst schnell in den Beruf einsteigen. Meine Anregung wäre: Nehmt euch Zeit, euch erst mal selbst kennenzulernen und die Welt zu entdecken. Alle Erfahrungen, die ihr sammelt, helfen euch dabei herauszufinden, was ihr in eurem Leben machen möchtet. Und wenn ihr dann mal eine Entscheidung getroffen habt, könnt ihr euch auch immer noch umentscheiden. Das finde ich wichtig. Ich habe meinen ersten und meinen zweiten Beruf angefangen und wieder aufgehört. Und jetzt, mit meinem dritten Beruf, bin ich glücklich geworden. Ich glaube, man sollte sich auch erlauben, mal etwas abzubrechen, neues auszuprobieren und nicht nur auf Sicherheit zu gehen. Ich will euch aber nichts einreden. Das ist wie gesagt nur eine Anregung. Jeder ist sowieso anders. Aber es macht bestimmt Sinn, in Ruhe darüber nachzudenken.

„Man sollte sich erlauben, mal etwas abzubrechen, neues auszuprobieren und nicht nur auf Sicherheit zu gehen.“

Q
Welches Ihrer eigenen Bücher gefällt Ihnen am meisten? 

A
Ein Lieblingsbuch habe ich eigentlich nicht. Es gibt in jedem meiner Bücher Stellen, die ich ganz besonders mag und welche, die ich heute am liebsten ändern würde. Ich schreibe ja seit 13 Jahren und habe inzwischen neue Erfahrungen im Leben gemacht und mich auch stilistisch weiterentwickelt.

Q
Und welches Ihrer Bücher ist bei den Leser*innen am beliebtesten?

A
Am beliebtesten sind „Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika“ und „Ein Freund wie kein anderer“. „Sieben Tage Mo“ z. B. hat weniger Leser gefunden, obwohl ich es für eines meiner gelungeneren Bücher halte.

Q
Was macht denn einen guten Autor oder ein gutes Buch aus? 

A
(Lacht) Eigentlich könnte ich euch die Frage stellen! Also mir ist Authentizität wichtig. Dass ich beim Schreiben ehrlich bleibe und nicht in die Behauptung abrutsche. Ich sehe auch die Gefahr, dass man sich als Autor vor die Figuren drängt. Damit meine ich, dass man vielleicht ganz besonders originell sein möchte und sich dabei selbst zu wichtig nimmt. Ich persönlich bevorzuge Geschichten, in denen der Autor die Figuren in den Vordergrund stellt. Außerdem ist mir Differenziertheit wichtig. Es gibt für mich kein Schwarz-Weiß auf der Welt.

Q
Sie haben ja gesagt, dass wir nach der Schule die Welt entdecken sollen. Wo würden Sie eigentlich gern hinreisen? 

A
Ich hab ja noch Kinder … Also, die werde ich immer haben! (Lacht) Was ich sagen will: Meine Kinder leben noch bei uns zu Hause, da sind weite Reisen schwieriger zu realisieren. Fliegen will ich eigentlich auch nicht mehr, auch wenn ich gerne Afrika oder Südamerika kennenlernen würde. Aber Erfahrungen kannst du überall sammeln. Dafür musst du nicht ans andere Ende der Welt reisen.

Q
Wollen Sie ein neues Buch schreiben? Wenn ja, was ist Ihre Idee? 

A
Ja, ich möchte ein neues Buch schreiben. „Sieben Tage Mo“, mein letztes, richtet sich an Kinder ab der fünften oder sechsten Klasse. Ab diesem Herbst werde ich wieder eines für Grundschulkinder schreiben. Ich weiß noch nicht genau, worum es gehen wird. Die Gedanken dazu müssen sich jetzt erst mal setzen, bis ich die Richtung, in die die Geschichte gehen soll, deutlich genug vor Augen habe. 

Q
Und woran arbeiten Sie jetzt gerade?

A
Momentan schreibe ich an dem Drehbuch zu „Keiner hält Don Carlo auf“, einer Geschichte, die ich 2015 geschrieben habe und die demnächst verfilmt werden soll. Das ist spannend. Die Arbeit an einem Drehbuch unterscheidet sich sehr von der Arbeit an einem Buch. Es geht mehr um die Dialoge, die Beschreibung der Handlung und die Bilder, die die Kamera einfangen soll. Wenn man einen Roman verfasst, hat man die Möglichkeit, in die Köpfe der Figuren hineinzuschauen und ihre Gedanken zu beschreiben. Das geht in einem Drehbuch nicht wirklich gut oder nur mit Krücken wie einer Offstimme.

„Erfahrungen kannst du überall sammeln. Dafür musst du nicht ans andere Ende der Welt reisen.“

Q
Wenn Sie jetzt was anderes oder jemand anderes sein könnten, was würden Sie gerne sein? Das könnte alles sein, ein Tier oder ein Mensch.

A
Oh, darüber hab ich jetzt so noch nicht nachgedacht. Ich hinterfrage mich zwar oft, aber den Wunsch, ein ganz anderer zu sein? Nee … Also ich möchte Dinge an mir selbst verändern, aber nicht in die Rolle eines anderen schlüpften und z. B. ein großer Politiker oder ein Star sein. Fliegen würde ich schon sehr gerne mal. Aber ein Vogel möchte ich eigentlich auch nicht unbedingt sein. (Alle lachen)

Q
Was ist Ihr Lieblingsessen?

A
Seit meiner Kindheit ist mein Lieblingsessen Pfannkuchen mit Zucker und Zitrone. 

Q
Ach nee! Das werden wir aber verwenden. Ganz groß gedruckt!

A
Das habe ich mir vorher nicht ausgedacht. Das ist wirklich so! 

Q
Das war die Million Dollar Frage!

A
Schmeckt auf jeden Fall super.