Bibliothek

Eines Abends muss Graf Dracula auf seine drei Enkel aufpassen – eine eher lästige Verpflichtung, hätte er doch eigentlich viel wichtigere Dinge zu erledigen. Aber was eigentlich genau? Immerhin geht er mittlerweile schnurstracks auf die 600 zu und hat in seinem Leben Dinge gesehen und Bekanntschaften gemacht, von denen andere nur zu träumen wagen. Er kennt sie, die ganze Wahrheit, er war dabei, so vermittelt es zumindest das alte Fotoalbum in der Bibliothek des Schlosses. Aber so richtig glauben, wollen ihm das seine Großkinder zunächst nicht.
So die Rahmenhandlung von „Momentum Monstrum“, die Opas Babysitter-Job zum Anlass nimmt, um eine ganz außergewöhnliche Geschichtensammlung zu präsentieren. Da geht es um den Yeti, um genau zu sein, die Yeti, deren sehnlichster Wunsch es ist, auf einer Bühne Ballett zu tanzen. Da gibt es die Erzählung um einen höchst freundlichen Werwolf, der am Schlagzeug für das wohl beste Beatles-Konzert aller Zeiten sorgt und es gibt eine Handvoll anderer, gruselig anmutender Kreaturen wie beispielsweise eine Riesenspinne mit jedoch tadellosen Manieren, ein Fischmonster, das bei der Olympiade groß auftrumpft oder die Mumie, die eigentlich gar keine ist. Und zwischendrin dann Gastauftritte von King Kong und Dr. Jeckyll und natürlich immer wieder Van Helsing, der sich partout nicht von seinem Plan lossagen will, Dracula endlich den Garaus zu machen – auch wenn er mittlerweile selbst ein Untoter ist.

Das Buch zeigt, dass Ungeheuer auch bloß Menschen sind, vielleicht sogar die besseren, und nimmt so den Monstren unterm Bett den Wind aus den Segeln. Perfekt abgerundet wird der ganze Spaß – und um einen rundum gelungenen, liebevollen Spaß handelt es sich bei „Memento Monstrum“ zweifellos – durch die großartigen Illustrationen von Wiebke Rauers, die auch die eigentliche Idee zu dieser Veröffentlichung hatte. Ein tolles Buch zum (Vor)lesen, dass selbst dem beflissensten Horror-Experten ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

- Sven Fortmann